Okay, dann fange ich mal an. Erstens: Ärzte verbringen ihren Tag nicht allein damit Diagnosen zu stellen. Im Gegenteil, meist behandeln sie erkrankte Menschen. Mir ist keine KI bekannt, die Patienten auf Augenhöhe von Ärzten therapieren kann.
Zweitens: Es herrscht Ärztemangel in Deutschland. Digitale Helfer, die den Arzt entlasten, damit er mehr Zeit für Patienten hat, wären also eher eine Hilfe als Gefahr.
Drittens, und das ist entscheidend: Nur Ärzte dürfen Diagnosen stellen. Eine KI kann und darf das nicht. Solange die Fehlerquote von KI so hoch ist (deutlich über ein Prozent), wird das auch so bleiben.
Das ist auch gut so. Denn zu einer Diagnose gehört mehr als nur ein Bild auswerten. Zum Beispiel die Patienten-Vorgeschichte zu kennen, frühere Befunde, soziale Aspekte, und so weiter. Nichts davon enthalten KI-Modelle, die Mediziner aktuell einsetzen.
In Zukunft wird es solche Modelle geben, sagt Consultant.
Mag sein, aber diese Zukunft ist noch weit entfernt. Man bräuchte dafür Unmengen von Daten, die es in der Form wohl nicht gibt. Und zwar nicht nur einmal, um daraus für die ganze Welt ein Modell zu berechnen. Sondern für jedes Land, für jede Region, mitunter sogar für jedes Krankenhaus eigene Datensätze. Und jedes Mal zehntausende Datensätze, sonst bekommt ein Algorithmus daraus kein brauchbares Modell hin.
Warum? Psycho-soziale Daten, die für solch ein Modell unbedingt gebraucht werden, können sehr regionalbezogen sein. Patientendaten aus einer Großstadt zum Beispiel sind für ländliche Gegenden mitunter ungeeignet. Patientedaten aus Frankreich führen bei deutschen Patienten womöglich zu falschen Auswertungen.
Die Daten wird es in Zukunft alle geben, sagt Consultant.
Im Moment unvorstellbar, aber wer weiß. Dürfte dennoch nicht der heilige Medizin-Gral sein. Selbst wenn KI zum Beispiel immer früher immer kleinere Tumore erkennt, die ein Arzt vielleicht nicht sieht. Bisher fehlt der wissenschaftliche Nachweis, dass solche Präzision von Nutzen ist. Vereinfacht ausgedrückt: KI macht Patienten nicht gesünder.
Von den Gefahren, alles zu digitalisieren und zu automatisieren mal ganz abgesehen. Der Umgang mit solch riesigen Datenmengen muss in vielerlei Hinsicht beherrscht werden. Angefangen bei der penibel genauen Dateneingabe bis hin zur Datensicherheit. Cyberkriminalität ist bereits heute ein großes Thema - auch und immer mehr im Gesundheitsbereich.
Zusammengefasst: Nein, Algorithmen und KI-Modelle werden bis auf Weiteres Ärzte nicht ersetzen. KI basiert auf reiner Mathematik. Zwar hat Medizin ebenfalls so einiges mit Zahlen zu tun. Aber halt auch noch mit viel mehr. Nämlich Menschlichkeit, Psyche, Kommunikation - um nur einige Aspekte zu nennen, bei denen KI nichts zu bieten hat.
Aron Balogh/Freeimages